Recht

INHALTSVERZEICHNIS

RECHTLICHE GRUNDLAGEN

NICHT ANWENDBAR FÜR DIE ERRICHTUNG EINER MOBILFUNKSENDEANLAGE

WAS REGELT DAS TKG?

5G UND BREITBANDFÖRDERUNG

GEMEINDESERVICESTELLE DER RTR

RECHTSWIDRIGE VERORDNUNGEN

Rechtliche Grundlagen

  • 1999/519/EG: Empfehlung des Rates vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz – 300 GHz)
  • Richtlinie 2013/35/EU des europäischen Parlaments und des Rates Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (elektromagnetische Felder) (26. Juni 2015)
  • Arbeitnehmerschutzgesetz § 66: Sonstige Einwirkungen und Belastungen […] gilt auch für andere physikalische Einwirkungen
  • Telekommunikationsgesetz: § 27 (2) […] der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen […] muss gewährleistet sein.
  • ÖVE R23-1: Elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder im Frequenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz – Beschränkung der Exposition von Personen [beziehbar bei Austrian Standards]
  • VEMF (Verordnung elektromagnetische Felder)

Nicht anwendbar für die Errichtung einer Mobilfunksendeanlage sind:

  • Umweltverträglichkeitsprüfung:
    diese ist nur bei bestimmten Projekten, bei deren Verwirklichung möglicherweise erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind, abzuführen.
  • Gewerberecht (Ansiedlung eines Gewerbebetriebs): Betriebsanlagengenehmigung: Mit dem Vorliegen einer Netzbewilligung durch das BMVIT entfällt eine individuelle Betriebsanlagengenehmigung. Darüber hinaus ist das Betrieb von Kommunikationsnetzen vom Anwendungsbereich der GewO ausgenommen (2 Abs 3 TKG).
  • Einzelgenehmigung zum Betrieb einer Sendeanlage: mit dem Vorliegen einer Betriebsbewilligung durch das Fernmeldebüro  ( §§ 74, 81f TKG) entfällt dies. Die Betreiber müssen Sendestandorte in der Folge der Behörde melden. [Anm.: Seit dem 01.01.2020 ist das Fernmeldebüro als Fernmeldebehörde erster Instanz eingerichtet. Sein örtlicher Wirkungsbereich erstreckt sich gem. § 113 TKG auf das gesamte Bundesgebiet.]

Was regelt das TKG?

  • Netzbewilligung/Betriebsgenehmigung
    Funkanlagen erfordern eine Bewilligung zum Betrieb. Grundsätzlich umfasst die Erlangung einer Allgemeingenehmigung nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) 2003 auch die Befugnis zur Errichtung der erforderlichen Anlagen im Rahmen des TKG.

    Auf Grundlage der Allgemeingenehmigung und in der Praxis meist auch der Innehabung von Frequenznutzungsrechten erfolgt ein Bewilligungsverfahren zur Inbetriebnahme der Sendestationen durch  das Fernmeldebüro  (§§ 74, 81f TKG ). Wobei die Betreiber ihre Sendestandorte in der Folge der Behörde zu melden haben. [Anm: Seit dem 01.01.2020 ist „das Fernmeldebüro“ als Fernmeldebehörde erster Instanz eingerichtet. Sein örtlicher Wirkungsbereich erstreckt sich gem § 113 TKG auf das gesamte Bundesgebiet.]

    Eine individuelle Genehmigung jeder einzelnen Sendeanlage erfolgt nicht. Dies ist möglich, da die Sendebedingungen und Schutzabstände zur Sendeantenne generell definiert sind und ex post kontrolliert werden, ähnlich wie bei Kraftfahrzeugen, die generell typengenehmigt sind und nicht vor der Zulassung individuell überprüft werden. Baurechtliche Genehmigungen (für Fundamente, Masten usw.) richten sich nicht nach dem TKG, sondern nach sonstigen Vorschriften (v.a. der Länder).
  • Schutz der Gesundheit: Das TKG sieht in § 27 vor, dass bei der Errichtung und dem Betrieb von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen gewährleistet sein muss. Nähere Bestimmungen, unter welchen Bedingungen dieser Schutz gewährleistet ist, enthält das TKG nicht unmittelbar. Dies ist eine in der österreichischen Rechtspraxis regelmäßig verwendete Form der Regelung, um zu vermeiden, dass eine Rechtsnorm durch regelungsfremde Tatbestände zu zersplittert wird. Damit wird das Gesetz jedoch solange nicht inhaltlich unbestimmt, unanwendbar und damit verfassungswidrig, solange der unbestimmte Gesetzesbegriff „Schutz des Lebens und der Gesundheit“ anhand objektiv feststehender Kriterien eindeutig inhaltlich ausgelegt werden kann. Die nach der Judikatur dabei anzuwendenden Techniken sind vor allem die Heranziehung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse und die aus solchen Erkenntnissen erfliessenden Normen. Als Norm dient hierbei in Österreich die RL23-1 welche 2017 veröffentlicht wurde und somit den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand wiedergibt und somit bindend anzuwenden ist. Sie hat im Hochfrequenzbereich die EU-Ratsempfehlung zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber den elektromagnetischen Feldern im Bereich von 0 Hz bis 300 GHz (1999/519/EG), welche die derzeit gültigen europäischen Referenzwerte enthält, 1:1 übernommen.
  • Benützung von Sendestandorten/ Masten durch mehrere Netzbetreiber (site sharing): Das TKG besagt in § 8 u.a., dass Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigte eines Antennentragemastes oder eines Starkstromleitungsmastes dessen Mitbenutzung durch Bereitsteller eines öffentlichen Kommunikationsnetzes gestatten müssen, sofern dies technisch, insbesondere frequenztechnisch möglich ist.  Das Recht zur Mitbenutzung beinhaltet auch die Mitbenutzung der für den Betrieb notwendigen Infrastruktur. Der Eigentümer darf seine Verfügungsgewalt über die Anlage nicht zu Ungunsten des Mitbenützers ausüben. Alle Beteiligten haben das Ziel anzustreben, Mitbenutzung zu ermöglichen und zu erleichtern.  Ebenso gilt gemäß § 8 auch, dass diese Mitbenutzung vom Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigten des Grundstücks grundsätzlich zu dulden ist, wenn dadurch die widmungsgemäße Verwendung des Grundstückes nicht dauerhaft zusätzlich eingeschränkt wird.

5G und Breitbandförderung

Gemeinden haben oft Sorge, dass sie von der Förderung des Glasfasernetzes nicht profitieren können, wenn 5G in ihrem Gemeindegebiet errichtet wird. Sowohl das zuständige Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) als auch die Regulierungsbehörde RTR haben klar festgehalten, dass kein Zusammenhang besteht. Das BMLRT dazu:
„ Im Zusammenhang mit der Initiative Breitband Austria 2030, können wir […] mitteilen, dass die Mobilfunkverfügbarkeit keinen Einfluss auf die Erstellung der Förderkarten im Rahmen der zukünftigen Ausschreibungen hat.“ (GZ 2022-0.120.227, 15.2.2022)

Gemeindeservicestelle der RTR

Die Regulierungsbehörde RTR hat auf ihrer Homepage eine Servicestelle für Gemeinden ins Leben gerufen. Hier finden Gemeindevertreter Informationen zu Mobilfunktechnik, dem Themenkreis Mobilfunk und Gesundheit sowie rechtlichen Rahmenbedingungen : https://www.rtr.at/5GGemeindeservice

Rechtswidrige Verordnungen

Gemeinden sind immer wieder mit Massenmails, Schimmelbriefen und Petitionen von Bürgerinitiativen konfrontiert, die sich gegen einen Ausbau der jüngsten Mobilfunkgeneration 5G wenden. Die Anschreiben enthalten teils irrige Rechtsmeinungen und/oder Vorbringungen hinsichtlich einer vermuteten Gefährlichkeit von 5G. Dies ging jüngst so weit, dass eine Gemeinde basierend auf Vorformulierungen der Bürgerinitiativen eine nicht auf den Rechtsgrundlagen fußende Verordnung erlassen hat und eine zweite Gemeinde bereits Vorbereitungen dazu getroffen hatte.
[ https://www.kleinezeitung.at/kaernten/5848656/Umstrittener-Mobilfunkstandard_Wegen-Verordnung-gegen-5G_Land ]

Einschätzung des Österreichischen Gemeindebundes

„5G-Gegner fordern von Gemeindevertretern, dass diese den Ausbau von Funkanlagen verbieten sollten. Da eine solche Verordnung der Gemeinde rechtlich bedenklich ist, warnt der Gemeindebund die Gemeinden eindringlich davor. Werden für eine baubehördliche Bewilligung nicht vorgesehene Prüfparameter herangezogen, ist das eine Überschreitung der Kompetenzen und erfüllt den Tatbestand des Amtsmissbrauchs. […]
Die dabei von den Gemeinden verlangten Schritte, wie etwa die Erlassung von ortspolizeilichen Verordnungen über die Anwendung der Bauordnung bzw. des Raumordnungsrechts, sind jedoch rechtlich sehr bedenklich, da der Bund für die Bewilligung von Funkanlagen zuständig ist. […]
Der Österreichische Gemeindebund warnt die Gemeinden daher eindringlich davor, solcherart rechtswidrige Verordnungen zu erlassen.“
6.8.2020
[Gesamter Text: https://www.kommunal.at/5g-gemeindebund-warnt-vor-kompetenzueberschreitung]

Stellungnahme der Volksanwaltschaft

Die Volksanwaltschaft hält zu den Kompetenzen der Gemeinde hinsichtlich des Mobilfunkausbaus fest, dass Gemeinden 5G nicht verbieten können. Die Volksanwaltschaft erläutert dies unter Berufung auf die Bundeszuständigkeit für die Bewilligung von Funkanlagen, die Regelungen des Telekommunikationsgesetzes sowie auf die Regelungen der Landesbauordnungen. Der Artikel kann hier abgerufen werden: https://www.kommunalnet.at/2021/01/19/die-gemeinde-kann-5g-nicht-verbieten/

Gemeinde Flattach, Kärnten

Die Gemeinde Flattach in Kärnten erließ im Juli 2020 zur Verhinderung des 5G-Ausbaus im Gemeindegebiet eine Verordnung zu baupolizeilichen Maßnahmen im Gemeindegebiet, in der auch auf Raumordnungsagenden abgestellt wurde.

Es wurde eine Gleichbehandlung von Mobilfunksendeanlagen mit anderen emissionsabgebenden gewerblichen Betriebsanlagen vorgesehen. Als Grundlage für ein betriebstypologisches Gutachten zur Feststellung der Flächenwidmungskonformität wäre die sogenannte EUROPAEM-Leitlinie heranzuziehen.
[Anm.: EUROPAEM ist ein Verein mit Sitz in Würzburg („European Academy für Environmental Medicine e.V.“) ohne öffentlichen Auftrag oder Verbindungen zu öffentlichen Institutionen oder der Europäischen Union. Die „Leitlinie“ hat trotz ihrer Bezeichnung keinerlei rechtliche Relevanz und fordert eigene Grenzwerte, die eine Stilllegung aller Funksysteme bedingen würde.]

Die Gemeinde Flattach ist mit dieser Verordnung nach eigenen Aussagen den irrigen Rechtsmeinungen eines bekannten Kärntner Aktivisten gefolgt, der seit vielen Jahren der Errichtung von Mobilfunksendeanlagen sehr kritisch gegenübersteht bzw. diese zu verhindern sucht. Dieser Aktivist sah sich als ehemaliger Gemeinderat von Spittal a. d. Drau im Jahr 2014 mit einem Amtsmissbrauchsverfahren gegen den seinerzeitigen dortigen Bürgermeister und den gesamten Gemeinderat konfrontiert, da die Stadtgemeinde Spittal a. d. Drau eine zustehende Baubewilligung für zwei Mobilfunksendeanlagen trotz Sanierungsauftrages seitens des Landes Kärnten ursprünglich nicht erteilte; der damalige Spittaler Bürgermeister wurde in der Folge rechtskräftig zu sieben Monaten Haft bedingt verurteilt.

Die Gemeinde Flattach wurde von der zuständigen Oberbehörde auf die Rechtswidrigkeit der Verordnung aufmerksam gemacht und hat die Verordnung im September 2020 aufgehoben. Beide Verordnungen können auf der Homepage der Gemeinde Flattach in den Gemeinderatsbeschlüssen nachgelesen werden: https://www.flattach.gv.at/protokolle-des-gemeinderates.html